Nachhaltiger GrünGas Dialog

04 12-2014

Seit den 90er Jahren ist eine kontinuierliche Entwicklung im Bereich der Biogas-/Biomethanproduktion zu erkennen. Die Unternehmer dieser Branche haben inzwischen viel durchgemacht: Preisschwankungen von Rohstoffen, sich verändernde Förderprogramme, neue Gesetzgebungen und Regelungen et cetera.

Faktoren, die für Unsicherheit sorgen, wodurch sich einige Betriebe momentan in schweren Zeiten befinden. Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch Biogasproduzenten, die sehr gut wirtschaften. Wie kann das sein?

Bericht Nachhaltiger GrünGas Dialog

Am 4. Dezember 2014 trafen sich 40 niederländische und deutsche Unternehmer aus der GrünGas Produktionskette während des Nachhaltigen GrünGas Dialogs in dem Festungsort Bourtange. Sie kamen aus allen Windrichtungen an diesen besonderen Ort, um gemeinsam über den Sachstand des GrünGas-Sektors zu diskutieren.

Das Interreg Projekt GrünGas-GroenGas war die treibende Kraft für diese Veranstaltung. Das Interreg Programm stimuliert den Wissens- und Erfahrungsaustausch sowie gemeinsame Entwicklungen zwischen den nördlichen und östlichen niederländischen Provinzen und den Bundesländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Das GrünGas Projekt wird in diesem Programm angesichts der zahlreichen internationalen Kooperationen und Kontakte, die entstanden sind, als sehr erfolgreich bewertet.

Kranker Patient?

Die GrünGas Produktionskette hat sowohl auf niederländischer als auch auf deutscher Seite mit großen Herausforderungen zu kämpfen, um betriebswirtschaftlich gesund zu bleiben. Hierfür sind einige Ursachen zu benennen, die während des Nachhaltigen GrünGas Dialogs von den Unternehmern bestätigt wurden. Harm Grobrügge vom Fachverband Biogas skizzierte das Bild der heutigen Situation in Deutschland. Mit Hilfe einer stabilen und großzügigen Verwaltungspolitik ist der GrünGas Produktionssektor in den letzten 10 Jahren sehr schnell gewachsen. Output Produkt war vor allem Elektrizität, dadurch entstand ein dünnes, aber rentables Businessmodell mit einer günstigen EEG Finanzierung. Als diese Regelung sich vor kurzem verschärfte, führte dies zu geringeren Erträgen. Man musste sich in Deutschland auf die Suche nach anderen Finanzierungsmodellen und Einsparungsmöglichkeiten begeben. Nebenbei spielte die food for fuelDiskussion eine immer größere Rolle, wodurch Inputstoffe wie Mais weniger berücksichtigt werden.

Überhitzter deutscher Markt

Der momentan überhitzte deutsche Markt sorgt für ein kaum noch vorhandenes Interesse an Biogas. Vielen Zulieferbetrieben droht der Konkurs, das hat wiederum Folgen für das Wissensniveau. Dieses ist aber von enormer Bedeutung für die weitere Entwicklung und das Herauskristallisieren des Sektors. Positiv an der Geschichte ist allerdings, dass die Biogasanlagen in Deutschland durch den sich verringernden Ertrag effizienter arbeiten. Aber auch dies wird auf Dauer nicht ausreichen, um den Sektor nachhaltig überleben zu lassen.

Laut Harm Grobrügge liege in der Verwertung von sowohl Input als auch Output eine wichtige Chance, den Profit der Produktionsbetriebe zu erhöhen. In diesem Zusammenhang nannte er Mineralien und CO2. Ebenfalls sei es wichtig, dass der Weg zwischen Kuh und Biogasanlage so kurz wie möglich gemacht werde. Hierdurch blieben die Methanwerte hoch. Leider sei das System so eingestellt, dass dies finanziell noch keinen Niederschlag findet. Als letzten Punkt wies Harm Grobrügge auf die Bedeutung eines vielfältigen Menüs an Grundstoffen für eine optimale Vergärung hin. Bei einem suboptimalen Menü würden nur 70 bis 80 Prozent des Produktionspotentials genutzt. 

Verkauf von CO2

Ein Produkt, das großen Einfluss auf das Funktionieren der Branche hat, ist CO2. Einerseits als Absatzprodukt: die geplante Biogasanlage in Coevorden wird bald beispielsweise mit der neuen Biogasanlage jährlich ungefähr 28.000 Tonnen CO2 verkaufen, aber auch als CO2 Zertifikat. Der Preis von CO2 Zertifikaten ist viel zu niedrig: Sie würden laut  Harm Grobrügge der Industrie geschenkt. Dies müsse sich ändern, damit GrünGas eine faire Chance erhält und die Konkurrenz zur fossilen Industrie ermöglicht.

Die Dimension bestimmt den Erfolg?

Die niederländischen Biogasanlagen werden immer größer. Konrad Rülander realisiert zurzeit das Biogas Projekt Coevorden, eine Biogasanlage in Coevorden. Durch den Vorteil der Größe, kann Konrad Rülander günstige langfristige Verträge abschließen und attraktive Vereinbarungen über Input und Output treffen.

Biogas und Stakeholdermanagement

Je größer die Dimension, desto größer der Impact, den die Biogasanlage auf ihre Umgebung hat. Sowohl Teun van der Weg als auch Konrad Rülander sprechen von ihren negativen Erfahrungen mit mündigen Nachbarn, die großen Einfluss auf die lokale Politik ausüben können. Bürger bei dieser Materie mit einzubeziehen ist schwierig, da sie aufgrund fehlenden Wissens nur schwer Zugang zu der Technik finden. Durch Wissenslücken entstehen Missverständnisse, die schnell ihren Weg zu den Medien finden.

Zusammenarbeit zwischen NL und DE: die hick ups

Wenn ein internationaler Gashandel entsteht, müssen die gestellten Anforderungen an die Gasqualität in den Niederlanden und in Deutschland angepasst werden.  Laut Harm Grobrügge wird zurzeit an einem EU Standard gearbeitet. Während der Diskussion zu diesem Thema teilte Enexix mit, dass viele Apparate in den Niederlanden auf die niederländische Gasqualität eingestellt seien. Dies betreffe die berühmte Slochteren Qualität mit 89% Methan.

Harm Grobrügge bezeichnet in diesem Zusammenhang die Dynamik, die mit politischen Entwicklungen einhergehe, als problematisch für den GrünGas-Sektor. Investitionen basieren auf einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren. Veränderungen, die alle drei oder vier Jahre stattfinden, führen zur Unruhe im Sektor. „Ein Politiker müsste mal eine gewisse Zeit in der Industrie mitarbeiten“, seufzt Harm Grobrügge.

Aber wie grün ist das Gas, das ich verkaufe?

Piet van der Hoop von der Universal Energy Solutions BV (Betreiber von Biogasanlagen) brachte die hohen Anforderungen an die Einführung von grünem Gas zur Sprache. „Es muss viel in Kompression investiert werden, ein Prozess der viel Energie kostet.“ Dezentrale Energienetzwerke mit einem niedrigen Druck könnten hier Erleichterungen bringen. Dies bestätigte Harm Grobrügge und nannte das bestehende Gasnetz als „den größten Speicher“.

Suikerunie GrünGas, eine Erfolgsgeschichte

Teun van der Weg, Manager Green Energie bei Suikerunie, gibt zu bedenken, dass die Verbrennungswerte und der Wobbe Index gleichgestellt werden müssten, eine immense Aufgabe. Suikerunie Groningen nutzt lokale dezentrale Niedrigdruck-Netzwerke, wodurch man lokal und relativ einfach grünes Gas liefern kann. Suikerunie verdient dabei an Biotickets und an der Verwertung von Stickstoff und CO2. Die Biogasanlage der Suikerunie, mit einem Output von 22 Millionen Kubikmetern Biogas, ist zurzeit die größte der Niederlande. Neben dem Absatz von grünem Gas steht dort ein BHKW mit zwei Megawatt Leistung. Dadurch kann grünes Gas immer auf eine gute Art und Weise abgesetzt werden. Da die Zuckersaison nur drei Monate im Jahr läuft, ist für die restlichen neun Monate ein anderer Basisinput notwendig. Da man flexibel ist und gezwungen wird flexibel einzukaufen, ist eine solide Betriebsführung entstanden.

GrünGas als Treibstoff

Die Nutzung von grünem Gas als Treibstoff  nimmt immer weiter zu. So hat das  Unternehmen Orange Gas in den Niederland eine große Entwicklung erlebt, ausschließlich auf der Grundlage von grünem Gas. Peter Bosma, ‎Key Account Manager, berichtet, dass Orange Gas grünes Gas aus Kläranlagen, der Abfallwirtschaft und aus der Grün- und Kompostverarbeitung beziehe. Diese Art der GrünGasgewinnung ist, bedingt durch die höheren Kosten für die verwendeten Rohstoffe, in der Gewinnung teurer. Durch die Verwendung der SDE Förderung (Subsidie Duurzame Energieproductie, Förderung nachhaltiger Energieproduktion) für grünes Gas, wird die Lieferung von grünem Gas durch Ko-Vergärungsanlagen und die Verwendung als Treibstoff ermöglicht. Biotickets stellen eine andere Möglichkeit dar, die sich allerdings nicht mit einer SDE Förderung kombinieren lässt. Dadurch muss mit dem Marktpreis von Erdgas + Einkünften aus Biotickets kalkuliert werden. Die ‚Biotickets‘ heißen ab dem 1. Januar 2015 ‚Hernieuwbare Brandstof Eenheden‘ (HBE’s) (Erneuerbare Brennstoff Einheiten).

Mit der Nutzung von grünem Gas als Treibstoff ist man in Deutschland zu diesem Zeitpunkt noch nicht so weit. Seit 2014 ist das EEG, das deutsche Erneuerbare Energien Gesetz, stark eingeschränkt. Ab 2016 tritt eine Gesetzesänderung in Kraft, in der die CO2 Reduzierung eine wichtige Rolle spielen wird. Man geht davon aus, dass grünes Gas mit einem niedrigen CO2 Ausstoß interessanter wird. Dadurch werden grünem Gas als Treibstoff in Deutschland ernsthafte Chancen eingeräumt.

Sich gut beraten lassen

Der Aufbau eines Biogasprojektes ist ein komplizierter und komplexer Prozess. Viele Unternehmen haben das Bestreben, alles selber tun zu wollen. „Dies, obwohl viel Wissen und Beratung zur Verfügung steht, die man nutzen sollte“, führt Konrad Rülander aus. Als Beispiel nannte er die Zusammenarbeit aus dem Interreg Projekt GrünGas in der Projektbetreuung. Nebenbei existiert das Wissen international. So hat beispielsweise der niederländische Biogasanlagensektor von der schnellen und großflächigen Entwicklung in Deutschland profitiert. Solide Pläne, Techniken und Prozesse wurden aus Deutschland importiert.

 

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